Wer sein Geld in Aktien investiert, möchte sein Vermögen erhalten und auf lange Sicht auch mehren. Nicht wenige Anleger träumen von einem Portfolio, das immer nur steigt, weil die darin enthaltenen Titel von Kurshoch zu Kurshoch springen. Die Realität sieht aber anders aus. Kursschwankungen – nach oben und unten – sind an Aktienmärkten normal und gehören zu den charakteristischen Merkmalen der Anlageklasse. So wird ein diversifiziertes Portfolio neben „Gewinner“-Aktien in der Regel auch immer Aktien mit Kursverlusten beinhalten. Nicht umsonst heißt es, dass Anleger oft erst durch das Tal der Tränen gehen müssen, bevor sie entlohnt werden.
Doch wie verfahren Anleger am besten mit Aktien, deren Verluste die individuell gefühlte „normale“ Schwankungsbreite übersteigen und die plötzlich als „Verlierer“-Aktien gelten? Der Umgang mit solchen „Verlierer“-Aktien ist schwierig, denn sie holen Anleger aus ihrer Komfortzone. Insbesondere bei unerfahrenen Privatanlegern ist die Gefahr dann groß, unüberlegt und letztlich langfristig nachteilig zu agieren.
Professionelle Investoren sind sich ihrer Handlungsoptionen eher bewusst und können einem strukturierten Prozess folgen, um zu einer fundierten Anlageentscheidung zu kommen. Wenngleich die Richtigkeit einer Anlageentscheidung immer auch ungewiss ist, führt ein analytisches Vorgehen über lange Sicht doch zu rationaleren Anlageentscheidungen.
Auch in unseren RIV-Fonds haben wir immer wieder Aktien, deren Performance erst einmal hinter unseren ursprünglichen Erwartungen zurückbleibt und enttäuscht. In einigen Fällen – zum Glück nicht zu häufig – entwickeln sich diese zu „Verlierer“-Aktien. In diesem Artikel zeigen wir, wie wir mit solchen Fällen umgehen.
Fundierte und neutrale Analyse
Wenn die Aktie eines Unternehmens starke Verluste erleidet, stellt sich vor allem anderen die Frage nach der Ursache: Welche Hintergründe gibt es für den Kursverlust? Sind die Ursachen interner (endogener) oder externer (exogener) Natur? Haben sich die Ursachen über die Zeit schleichend entwickelt oder sind sie plötzlich aufgetreten (Schock)? Sind die Ursachen einmalig oder wiederkehrend (Zyklik)? Waren dem Unternehmen die Ursachen grundlegend bekannt und wie hat es darauf reagiert? All dies ist die zurückblickende Ursachenforschung, die ein gutes Bild über das Unternehmen und dessen Führung vermittelt.
Zukunftsperspektiven einschätzen
Letztendlich muss der Blick aber immer nach vorne gerichtet sein: Wie geht das Unternehmen mit der Situation um und welche Maßnahmen werden implementiert, um diese zu verbessern? Hat das Unternehmen die notwendige finanzielle Stabilität, um die Situation zu überstehen? Langfristig wichtig sind vor allem die Fragen: Hat das Unternehmen noch ein funktionierendes Geschäftsmodell? Wie steht das Unternehmen im Wettbewerb da und welche Alternativen gibt es? Antworten auf alle diese Fragen ermöglichen es zu bewerten, ob man die Kursverluste als temporär oder dauerhaft einschätzt und entsprechend zu agieren.
Gesamtsituation im Auge behalten
Um diese Fragen zu beantworten, ist es wichtig, gesamtwirtschaftliche Entwicklungen einordnen zu können, die Branche und deren Umfeld sowie das Unternehmen und dessen Entwicklung gut zu kennen. Bereits im Zuge unseres Investmentprozesses setzen wir uns hiermit im Detail auseinander, bevor wir eine Anlageentscheidung treffen. Dieser Analyseprozess endet allerdings nicht mit dem Kauf einer Aktie, sondern wird danach im Rahmen unseres kontinuierlichen Monitorings auf Einzeltitel- und Portfolioebene fortgesetzt.
Die Betrachtung der Gesamtsituation ist für uns gerade im Verlustfall besonders wichtig, um zu bewerten, ob dem Verlust marktweite (systematische) und/oder unternehmensspezifische (idiosynkratische) Ursachen zugrunde liegen. Wenn zu Problemen auf Unternehmensebene noch branchenweite Probleme oder gar eine schlechte Gesamtmarktsituation hinzukommen, kann sich aus diesem Mix ein regelrechter Sturm für ein Unternehmen zusammenbrauen, der in starken Kursverlusten münden kann. Eine potenzielle „Verlierer“-Aktie ist geboren und mit ihr die Frage, wie mit dieser Position umgegangen werden soll.
Denkfallen vermeiden
Bevor wir Anlageentscheidungen treffen, stellen wir sicher, dass wir dabei nicht unbewussten Denkfallen und kognitiven Verzerrungen zum Opfer fallen und emotionale Entscheidungen treffen. Um dies zu vermeiden, werden alle unsere Anlageentscheidungen – sowohl beim Kauf als auch beim Verkauf von Positionen – im Team getroffen. Darüber hinaus haben wir weitere Maßnahmen etabliert, um verhaltensgetriebenen Fehlentscheidungen entgegenzuwirken.
Denkfalle 1: Dispositionseffekt
Zu den bekannten Denkfehlern, die insbesondere beim Umgang mit Verlustpositionen eine Rolle spielen können, gehört der Dispositionseffekt. Dieser beschreibt die nur allzu menschliche Neigung, Positionen zu verkaufen, die im Wert gestiegen sind und solche zu halten, deren Wert gesunken ist. Verluste realisiert niemand gerne, Gewinne dagegen schon.
Denkfalle 2: Sunk Cost Fallacy
Auch vor der Sunk Cost Fallacy (Versunkene-Kosten-Falle) sollte man sich bei seinen Anlageentscheidungen hüten. Dabei handelt es sich um den Drang, ein scheiterndes Projekt fortzusetzen oder daran festzuhalten, weil bereits viel Geld, Zeit oder Mühe investiert wurde. Auch wenn man eine Aktie, deren Kurs gesunken ist, nicht vorschnell verkaufen sollte, so sollte man ebenso wenig stur daran festhalten in der bloßen – emotional begründeten – Hoffnung, dass der Kurs sich schon wieder erholen möge und den Einstandspreis wieder erreichen werde.
Wie der Kurs der Aktie zum Kaufzeitpunkt war, spielt für die Entscheidung, wie mit der Aktie heute weiter verfahren werden sollte, nämlich keine Rolle. Auch für die zukünftige Kursentwicklung ist der immer individuelle Kaufpreis unwichtig. Wichtig für die Entscheidung, wie mit einer Verlustposition umgegangen wird, ist das Ergebnis der oben beschriebenen neutralen Analyse, die in folgender Frage mündet: Würde man das Wertpapier auch zum heutigen Zeitpunkt kaufen, unabhängig von der vorherigen Kursentwicklung und dem ursprünglichen Kaufpreis?
„Verlierer“-Aktien können – wie „Gewinner“-Aktien auch – verkauft, unverändert gehalten werden oder die Position kann sogar aufgestockt werden. Wann macht welche Entscheidung Sinn?
Verkaufen – Verluste realisieren
Bei der RIV verstehen wir uns als langfristig orientierte Anleger. Verkäufe aus Gründen des Market-Timings und der kurzfristigen Spekulation finden bei uns daher nicht statt. Wir überwachen unsere Positionen engmaschig und verfolgen Entwicklungen in den Unternehmen kontinuierlich. Dabei kommt es vor, dass wir triftige Gründe identifizieren, die für einen Verkauf sprechen. Dies ist der Fall, wenn ein Unternehmen ein ungünstiges Chancen-Risiko-Profil aufweist. Gibt es dann noch vielversprechendere Anlagealternativen, ist es Zeit, eine Verlierer-Aktie zu veräußern. Dadurch werden Verluste realisiert, aber gleichzeitig erwartete künftige Verluste begrenzt und Kapital für Anlagealternativen frei. Anlagealternativen können entweder relativ nah am Ursprungsinvestment liegen, wie beispielsweise Aktien eines Wettbewerbers mit besseren Aussichten oder aber in anderen ganz Branchen oder gar in anderen Anlageklassen wie Anleihen oder Bankguthaben zu finden sein.
In Ausnahmesituationen kann die Analyse ergeben, dass ein Unternehmen kurzfristig sogar überlebensgefährdet ist und/oder das Geschäftsmodell langfristig so beschädigt ist, dass es wenig Chancen auf eine umfassende Kurserholung eines Wertpapieres gibt. Auch dann entscheiden wir uns natürlich für einen Verkauf. Aus unserer Sicht macht es in diesem Fall Sinn, Verluste zu realisieren, um einen wahrscheinlichen Totalverlust zu vermeiden. Sollte es im ungünstigsten Fall zu einem Börsen-Delisting der „Verlierer“-Aktie kommen, hätte man ein illiquides, nicht-notiertes und/oder wertloses Wertpapier im Depot. Dies gilt es zu vermeiden.
Halten – Abwarten und Tee trinken
Alle unsere Anlagelösungen richten sich an Anleger mit einem langfristigen Anlagehorizont. Auch wir selbst als Gesellschaft und unsere Mitarbeiter sind in unseren Fonds investiert – natürlich ebenfalls auf lange Sicht. Kurzfristige Schwankungen an Kapitalmärkten beeinflussen unsere Anlageentscheidungen daher nicht nachhaltig.
Wir bringen die notwendige Geduld mit, bei langfristig vielversprechenden Unternehmen auch in Schwächephasen investiert zu sein. Hier kann eine „Halten-Strategie“ durchaus Sinn machen. Dies gilt insbesondere, wenn temporäre Kursverluste aus einer Branchenschwäche, gesamtwirtschaftlichen Schwäche oder „unverschuldet“ auf Unternehmensebene resultieren.
In Zyklen durchhalten
Bestimmte Branchen entwickeln sich zyklisch. Aktien solcher Unternehmen fallen und steigen oft mit einer gewissen Regelmäßigkeit. Zu dieser Gruppe gehören beispielsweise zyklische Konsumwerte. Diese weisen bei Konjunkturrückgängen oft Verluste auf, erholen sich jedoch in konjunkturellen Aufschwüngen ebenso schnell wieder. Auch Rohstoffwerte unterliegen Zyklen. Wann ein Unternehmen sich am Tiefpunkt des Zyklus befindet, ist nur im Nachhinein zu erkennen – ebenso wann ein Zyklus seinen Höhepunkt erreicht hat. Der Versuch, Kauf- und Verkaufsentscheidungen an den Zyklus anzupassen, gleicht daher oft eher einem Blick in die Glaskugel. Die Aktie zu halten ist in der Regel die sinnvollere Strategie.
Gestärkt aus Krisen hervorgehen
Doch auch wenn Unternehmen kurzfristige Schwächephasen durch Fehler oder Fehleinschätzungen selbst zu verantworten haben, kann die Aktie immer noch ein attraktives Kurspotenzial haben. Unternehmen können aus kritischen Zeiten, die oft auch mit einer temporär hohen Verschuldung einhergehen, strategisch gestärkt hervorgehen. Daher kann es sich nach einer umfassenden Analyse durchaus lohnen, Unternehmen etwas Zeit zum Handeln zu geben und abzuwarten, ob sich der Kurs der Aktie wie erhofft erholt. Wird die Positionsgröße einer „Verlierer“-Aktie jedoch so klein, dass selbst ein signifikanter Anstieg einer Aktie kaum Auswirkungen auf das Gesamtportfolio oder den Fonds hat, gilt es konsequent zu sein und entweder die Position zu veräußern oder aber Chancen durch Aufstockung zu suchen.
Bei Unternehmen, die bereits stark abgestraft wurden und gar um ihr Überleben kämpfen bestehen nämlich besonders hohe Kurschancen. In solchen Situationen gibt es nur zwei Möglichkeiten: entweder ein Totalverlust oder eine Vervielfachung des Nachkaufs. Auf solche Szenarien spezialisiert sich die Anlagestrategie des „Bottom-Fishing“, die versucht, sich diese asymmetrischen Auszahlungsprofile (Optionalität) zu Nutze zu machen. Doch mit den Chancen gehen enorme Risiken einher. Für uns bleiben solche Situationen daher die Ausnahme. Geht man von einem Überleben des Unternehmens aus, kann „Halten“ ein gesunder Mittelweg sein, um sich Chancen zu sichern.
Günstig nachkaufen und gute Gelegenheiten nutzen
Ergibt die Analyse, dass eine „Verlierer“-Aktie ein attraktives Rendite-Risikoprofil aufweist, so kann ein Kursverlust eine willkommene Möglichkeit sein, Aktien günstig nachzukaufen und die Position aufzustocken. Wenn man zusätzliche Anteile eines Unternehmens billiger nachkauft, reduziert sich der durchschnittliche Einstandskurs der Position im Portfolio (Cost-Average-Effect), was größere Chancen auf eine höhere Rendite eröffnet.
Da für diese größere Chance nun aber mehr Kapital eingesetzt wird, besteht auch ein größeres Risiko: Schießt man bei immer fallenden Kursen immer mehr Geld nach, können sich so im Portfolio „schwarze Löcher“ auftun. Durch die Begrenzung des Anlagebetrags auf 3 % des Portfoliowertes stellen wir bei der RIV sicher, dass wir eine solche Gefahr vermeiden.
Wann also ergeben sich gute Gelegenheiten, günstig nachzukaufen? Zum einen bieten sich durch antizyklisches Investieren (Contrarian) immer wieder Anlagechancen, beispielsweise wenn offensichtliche Übertreibungen an den Kapitalmärkten auftreten oder temporäre Ereignisse den Markt belasten. „Kaufen wenn die Kanonen donnern…“ lautet der zur Börsenweisheit gewordene Spruch von Carl Mayer von Rothschild, der dieses Handeln gut widerspiegelt. Sich „gegen den Markt“ zu stellen ist jedoch nicht ohne Risiko und sollte entsprechend wohlfundiert sein.
In gleicher, aber abgeschwächter Weise handelt man, wenn man die Geduld aufbringen kann, sich Schwankungen zu Nutze zu machen. Dies kann beispielsweise in extremen Bewertungssituationen auftreten, in denen langfristig eine „Rückkehr zum Mittelwert“ zu erwarten ist. Günstige „Verlierer“-Aktien werden sich in diesem Fall wieder erholen und sich ihrem langfristigen Bewertungsmittel oder dem der Branche annähern, womit sie eine lohnenswerte Anlage darstellen können. Auch das Ausnutzen von regelmäßigen, wenn auch zeitlich unvorhersehbaren, zyklischen Aktienschwankungen kann für langfristig orientierte Anleger profitabel sein. Gerade bei finanziell solide aufgestellten Unternehmen mit guter Wettbewerbsposition und vielversprechenden Zukunftsaussichten können solche temporären Rücksetzer gut genutzt werden. Entsprechende Unternehmen, die wir als unterbewertet und damit als gute Gelegenheit zum Nachkauf ansehen, identifizieren wir wiederum durch unsere Analysen.
Konkrete Beispiele aus unserem Unternehmensalltag
Unser Umgang mit „Verlierer“-Aktien
Aus unseren Anlageleitlinien ergibt sich nicht die eine „richtige“ Entscheidung, was zu tun ist, wenn der Kurs einer Aktie einbricht. Alle oben genannten Möglichkeiten haben in der Vergangenheit bei uns Anwendung gefunden – mal mit gutem Ausgang, mal mit weniger gutem Ausgang. Auch und gerade als professionelle Anleger müssen wir diesen Tatsachen ins Auge sehen. Letztendlich lässt sich Anlageerfolg allerdings nicht an einzelnen Beispielen, sondern an den langfristigen Anlageergebnissen messen.
Schmerzhafte Verluste und rechtzeitige Verkäufe
Ein für uns schmerzhaftes Beispiel, wie „Verlierer-Aktien“ nicht zu handhaben sind, war der verpasste Verkauf der Aktie des italienischen Nahrungsmittelkonzerns Parmalat, der 2003 aufgrund von Managementbetrug Insolvenz anmelden musste. Unser Engagement endete mit einem Totalverlust der Position und der Ausbuchung einer wertlosen Aktie aus den Kundendepots der Vermögensverwaltung. Dennoch lag das Gesamtergebnis für unsere Anleger im gleichen Jahr bei +18,3 %. Dieses Beispiel zeigt, wie äußerst wichtig eine breite Streuung nach Ländern, Branchen und Währungen ist, um das Verlustrisiko für das Gesamtportfolio zu minimieren.
Auch in unseren Fonds hatten wir wenig erfolgreiche Anlageerlebnisse, die wir jedoch versöhnlicher abschließen konnten. So haben wir die Aktie des Unternehmens Nanogate, einem Hersteller von designorientierten widerstandsfähigen Kunststoffteilen und -beschichtungen, im März 2020 inmitten der Coronakrise noch rechtzeitig veräußert, bevor das Unternehmen im Juni 2020 aufgrund von Verwerfungen in der Automobilindustrie Insolvenz in Eigenverwaltung anmelden musste und für Aktionäre ein Totalverlust entstand. Unser Fonds RIV Aktieninvest Global, in dem sich die Aktie befand, konnte dieses Jahr mit einem Plus von +6,2 % beenden.
Im März 2023 trafen wir mit dem Verkauf der Aktie des Automobilzulieferers Leoni eine schwierige Entscheidung. Leoni war wegen zu schnellem und schuldenfinanziertem Kapazitätsausbaus und darauffolgendem Nachfrageeinbruch in ernsthafte Probleme geraten. Der als Befreiungsschlag gedachte Verkauf der Kabel-Sparte von Leoni an ein thailändisches Unternehmen scheiterte. Es zeichnete sich eine bedrohliche Finanzlage für das Unternehmen ab. Für uns war dies der ausschlaggebende Verkaufsgrund. Trotz eines realisierten, deutlichen Verlusts erfolgte unser Verkauf noch rechtzeitig, bevor der Aktienkurs um weitere ca. 90 % nachgab, da Leoni restrukturiert werden musste. Am Ende gingen Aktionäre sogar leer aus, sodass unsere Verkaufsentscheidung zum richtigen Zeitpunkt kam. Unser RIV Aktieninvest Global schloss das Jahr mit +10,3 %.
Glücklicherweise kommen solche unerfreulichen Fälle selten vor. Obige Beispiele zeigen, wie wichtig es gerade in solch schwierigen Situationen ist, mit „Verlierer“-Aktien, umgehen zu können und über ein funktionierendes Risikomanagement für die Performance des Gesamtportfolios zu verfügen.
Starke Schwankungen aushalten
In anderen Fällen haben wir uns aktiv entschieden, Positionen zu halten. So haben wir unsere Beteiligung am US-Infrastruktur-Bauunternehmen Fluor, die wir 2010 zu Einstiegkursen ab ca. 43 USD aufgebaut hatten, auch im Corona-Tief gehalten, als der Kurs zeitweise unter 6 USD fiel. Fluor war über Jahre hinweg zu aggressiv Festpreis-Baugeschäfte eingegangen, die ursprünglich lohnenswert aussahen, aber mit dem Anziehen der Inflation in den USA und steigenden Kosten zu einem großen Risiko und Verlustfaktor wurden. Abschreibungen in Milliardenhöhe folgten.
Neben diesen individuellen Problemen drückte die Corona-Krise das Unternehmen in den Überlebenskampf. Unter neuer Führung des vorangegangenen CEOs verlagerte Fluor den Schwerpunkt der Auftragsannahme in Richtung Projekte auf Erstattungsbasis und lieferte fortan wieder gute operative Ergebnisse ab. Das Unternehmen erholte sich langsam. Die Aktie vervielfachte sich und handelte im September 2024 wieder zu alten Kursständen von circa 45 USD. Bei dieser zwischenzeitlichen „Verlierer“-Aktie zahlte sich unsere Entscheidung, nicht zu verkaufen und die Aktie zu halten, aus.
Für unsere Kunden günstig nachkaufen
Viel häufiger und regelmäßiger nutzen wir bei der RIV günstige Möglichkeiten zum Nachkauf von Aktien. Ein gutes Beispiel hierfür ist der zyklische Rohstoffwert Hecla Mining, der größte Silber-Förderer in den USA. Nachdem wir 2013 eine Position zum Preis von 3,28 USD pro Aktie aufgebaut hatten, halbierte sich der Kurs annährend innerhalb von zwei Jahren. In 2015 stockten wir die Position zu einem Kurs von 1,89 USD pro Aktie auf. Heute im September 2024 liegt der Kurs bei über 6,50 USD pro Aktie.
Auch die Position des Halbleiterherstellers Cirrus Logic zeigt, wie wir eine vielversprechende Aktie zu günstigen Kursen aufstocken konnten. 2017 begannen wir unser Engagement bei einem Kurs von ca. 54 USD pro Aktie. 2018 stockten wir die Position mehrfach auf, zu Kursen von ca. 42 USD pro Aktie und ca. 34 USD pro Aktie und verbilligten so unseren durchschnittlichen Einstiegspreis. Anfang September 2024 liegt der Kurs der Aktie bei über 145 USD.
All diese Entscheidungen zeigen, wie wichtig Erfahrung im Umgang mit potenziellen „Verlierer“-Aktien ist. Je häufiger man solchen Situationen ausgesetzt ist, desto abgeklärter geht man damit um und desto besser kann man einordnen, welche Aspekte in der Analyse von ausschlaggebender Bedeutung sind. Heftige Schwankungen können durchaus „normal“ sein und „Verlierer“-Aktien können sich langfristig zu „Gewinner“-Aktien wandeln.
Fazit
Der Umgang mit Verlustpositionen ist komplex. Daher werden Anlageentscheidungen bei „Verlierer“-Aktien bei uns genau wie jede andere Anlageentscheidung nach reiflicher Überlegung getroffen. Die sorgfältige Analyse des Unternehmens, der Branche sowie des gesamtwirtschaftlichen Umfelds, die Grundlage der Kaufentscheidung waren, werden regelmäßig überprüft und aktualisiert. Gerade im Verlustfall beleuchten wir neu, ob die Argumente, die zum Kauf der Aktie geführt haben, noch Gültigkeit haben, ob es Besonderheiten in der aktuellen Marktlage gibt, auf die der Verlust zurückzuführen ist und analysieren die Zukunftsaussichten des Unternehmens. Auf dieser Basis treffen wir eine informierte und fundierte Entscheidung, losgelöst von Emotionen wie der Angst vor einem eventuellen Verlust.
Das kontinuierliche Monitoring von Portfolios und darin enthaltenen Unternehmen samt Branchen erfordert Expertise, Zeit und Erfahrung. Wer sich mit diesem Prozess nicht im Detail auseinandersetzen möchte oder auch einfach nicht die notwendige Zeit hat, um sein Portfolio kontinuierlich zu beobachten und seine Anlageentscheidungen immer wieder zu überprüfen, sollte auf einen professionellen Vermögensverwalter zurückgreifen.
Wir unterstützen Sie gerne bei Ihren Kapitalanlagen. Unsere Fonds legen international breit gestreut in sorgfältig ausgewählte Qualitätsaktien an. Gerne besprechen wir mit Ihnen gemeinsam Ihre individuelle Situation und bieten Ihnen Lösungen an, die zu Ihren Anforderungen passen.
Lesen Sie mehr über unsere Fonds, deren Chancen sowie Risiken auf den Fondsseiten.
Historische Wertentwicklungen lassen keine Rückschlüsse auf ähnliche Entwicklungen in der Zukunft zu. Die Fonds können auch innerhalb kurzer Zeiträume erheblichen Schwankungen nach oben oder nach unten unterworfen sein. Bitte lesen Sie den Verkaufsprospekt und das Basisinformationsblatt, bevor Sie eine Anlageentscheidung treffen. Diese sowie das Verkaufsprospekt samt den wesentlichen Anlegerinformationen unserer Fonds finden Sie auf der jeweiligen Fondsseite des RIV Rationalinvest VVF, des RIV Aktieninvest Global und des RIV Zusatzversorgung kostenfrei und in deutscher Sprache. Eine Zusammenfassung der Anlegerrechte finden Sie hier.
Wer sein Geld in Aktien investiert, möchte sein Vermögen erhalten und auf lange Sicht auch mehren. Nicht wenige Anleger träumen von einem Portfolio, das immer nur steigt, weil die darin enthaltenen Titel von Kurshoch zu Kurshoch springen. Die Realität sieht aber anders aus. Kursschwankungen – nach oben und unten – sind an Aktienmärkten normal und gehören zu den charakteristischen Merkmalen der Anlageklasse. So wird ein diversifiziertes Portfolio neben „Gewinner“-Aktien in der Regel auch immer Aktien mit Kursverlusten beinhalten. Nicht umsonst heißt es, dass Anleger oft erst durch das Tal der Tränen gehen müssen, bevor sie entlohnt werden.
Doch wie verfahren Anleger am besten mit Aktien, deren Verluste die individuell gefühlte „normale“ Schwankungsbreite übersteigen und die plötzlich als „Verlierer“-Aktien gelten? Der Umgang mit solchen „Verlierer“-Aktien ist schwierig, denn sie holen Anleger aus ihrer Komfortzone. Insbesondere bei unerfahrenen Privatanlegern ist die Gefahr dann groß, unüberlegt und letztlich langfristig nachteilig zu agieren.
Professionelle Investoren sind sich ihrer Handlungsoptionen eher bewusst und können einem strukturierten Prozess folgen, um zu einer fundierten Anlageentscheidung zu kommen. Wenngleich die Richtigkeit einer Anlageentscheidung immer auch ungewiss ist, führt ein analytisches Vorgehen über lange Sicht doch zu rationaleren Anlageentscheidungen.
Auch in unseren RIV-Fonds haben wir immer wieder Aktien, deren Performance erst einmal hinter unseren ursprünglichen Erwartungen zurückbleibt und enttäuscht. In einigen Fällen – zum Glück nicht zu häufig – entwickeln sich diese zu „Verlierer“-Aktien. In diesem Artikel zeigen wir, wie wir mit solchen Fällen umgehen.
Fundierte und neutrale Analyse
Wenn die Aktie eines Unternehmens starke Verluste erleidet, stellt sich vor allem anderen die Frage nach der Ursache: Welche Hintergründe gibt es für den Kursverlust? Sind die Ursachen interner (endogener) oder externer (exogener) Natur? Haben sich die Ursachen über die Zeit schleichend entwickelt oder sind sie plötzlich aufgetreten (Schock)? Sind die Ursachen einmalig oder wiederkehrend (Zyklik)? Waren dem Unternehmen die Ursachen grundlegend bekannt und wie hat es darauf reagiert? All dies ist die zurückblickende Ursachenforschung, die ein gutes Bild über das Unternehmen und dessen Führung vermittelt.
Zukunftsperspektiven einschätzen
Letztendlich muss der Blick aber immer nach vorne gerichtet sein: Wie geht das Unternehmen mit der Situation um und welche Maßnahmen werden implementiert, um diese zu verbessern? Hat das Unternehmen die notwendige finanzielle Stabilität, um die Situation zu überstehen? Langfristig wichtig sind vor allem die Fragen: Hat das Unternehmen noch ein funktionierendes Geschäftsmodell? Wie steht das Unternehmen im Wettbewerb da und welche Alternativen gibt es? Antworten auf alle diese Fragen ermöglichen es zu bewerten, ob man die Kursverluste als temporär oder dauerhaft einschätzt und entsprechend zu agieren.
Gesamtsituation im Auge behalten
Um diese Fragen zu beantworten, ist es wichtig, gesamtwirtschaftliche Entwicklungen einordnen zu können, die Branche und deren Umfeld sowie das Unternehmen und dessen Entwicklung gut zu kennen. Bereits im Zuge unseres Investmentprozesses setzen wir uns hiermit im Detail auseinander, bevor wir eine Anlageentscheidung treffen. Dieser Analyseprozess endet allerdings nicht mit dem Kauf einer Aktie, sondern wird danach im Rahmen unseres kontinuierlichen Monitorings auf Einzeltitel- und Portfolioebene fortgesetzt.
Die Betrachtung der Gesamtsituation ist für uns gerade im Verlustfall besonders wichtig, um zu bewerten, ob dem Verlust marktweite (systematische) und/oder unternehmensspezifische (idiosynkratische) Ursachen zugrunde liegen. Wenn zu Problemen auf Unternehmensebene noch branchenweite Probleme oder gar eine schlechte Gesamtmarktsituation hinzukommen, kann sich aus diesem Mix ein regelrechter Sturm für ein Unternehmen zusammenbrauen, der in starken Kursverlusten münden kann. Eine potenzielle „Verlierer“-Aktie ist geboren und mit ihr die Frage, wie mit dieser Position umgegangen werden soll.
Denkfallen vermeiden
Bevor wir Anlageentscheidungen treffen, stellen wir sicher, dass wir dabei nicht unbewussten Denkfallen und kognitiven Verzerrungen zum Opfer fallen und emotionale Entscheidungen treffen. Um dies zu vermeiden, werden alle unsere Anlageentscheidungen – sowohl beim Kauf als auch beim Verkauf von Positionen – im Team getroffen. Darüber hinaus haben wir weitere Maßnahmen etabliert, um verhaltensgetriebenen Fehlentscheidungen entgegenzuwirken.
Denkfalle 1: Dispositionseffekt
Zu den bekannten Denkfehlern, die insbesondere beim Umgang mit Verlustpositionen eine Rolle spielen können, gehört der Dispositionseffekt. Dieser beschreibt die nur allzu menschliche Neigung, Positionen zu verkaufen, die im Wert gestiegen sind und solche zu halten, deren Wert gesunken ist. Verluste realisiert niemand gerne, Gewinne dagegen schon.
Denkfalle 2: Sunk Cost Fallacy
Auch vor der Sunk Cost Fallacy (Versunkene-Kosten-Falle) sollte man sich bei seinen Anlageentscheidungen hüten. Dabei handelt es sich um den Drang, ein scheiterndes Projekt fortzusetzen oder daran festzuhalten, weil bereits viel Geld, Zeit oder Mühe investiert wurde. Auch wenn man eine Aktie, deren Kurs gesunken ist, nicht vorschnell verkaufen sollte, so sollte man ebenso wenig stur daran festhalten in der bloßen – emotional begründeten – Hoffnung, dass der Kurs sich schon wieder erholen möge und den Einstandspreis wieder erreichen werde.
Wie der Kurs der Aktie zum Kaufzeitpunkt war, spielt für die Entscheidung, wie mit der Aktie heute weiter verfahren werden sollte, nämlich keine Rolle. Auch für die zukünftige Kursentwicklung ist der immer individuelle Kaufpreis unwichtig. Wichtig für die Entscheidung, wie mit einer Verlustposition umgegangen wird, ist das Ergebnis der oben beschriebenen neutralen Analyse, die in folgender Frage mündet: Würde man das Wertpapier auch zum heutigen Zeitpunkt kaufen, unabhängig von der vorherigen Kursentwicklung und dem ursprünglichen Kaufpreis?
„Verlierer“-Aktien können – wie „Gewinner“-Aktien auch – verkauft, unverändert gehalten werden oder die Position kann sogar aufgestockt werden. Wann macht welche Entscheidung Sinn?
Verkaufen – Verluste realisieren
Bei der RIV verstehen wir uns als langfristig orientierte Anleger. Verkäufe aus Gründen des Market-Timings und der kurzfristigen Spekulation finden bei uns daher nicht statt. Wir überwachen unsere Positionen engmaschig und verfolgen Entwicklungen in den Unternehmen kontinuierlich. Dabei kommt es vor, dass wir triftige Gründe identifizieren, die für einen Verkauf sprechen. Dies ist der Fall, wenn ein Unternehmen ein ungünstiges Chancen-Risiko-Profil aufweist. Gibt es dann noch vielversprechendere Anlagealternativen, ist es Zeit, eine Verlierer-Aktie zu veräußern. Dadurch werden Verluste realisiert, aber gleichzeitig erwartete künftige Verluste begrenzt und Kapital für Anlagealternativen frei. Anlagealternativen können entweder relativ nah am Ursprungsinvestment liegen, wie beispielsweise Aktien eines Wettbewerbers mit besseren Aussichten oder aber in anderen ganz Branchen oder gar in anderen Anlageklassen wie Anleihen oder Bankguthaben zu finden sein.
In Ausnahmesituationen kann die Analyse ergeben, dass ein Unternehmen kurzfristig sogar überlebensgefährdet ist und/oder das Geschäftsmodell langfristig so beschädigt ist, dass es wenig Chancen auf eine umfassende Kurserholung eines Wertpapieres gibt. Auch dann entscheiden wir uns natürlich für einen Verkauf. Aus unserer Sicht macht es in diesem Fall Sinn, Verluste zu realisieren, um einen wahrscheinlichen Totalverlust zu vermeiden. Sollte es im ungünstigsten Fall zu einem Börsen-Delisting der „Verlierer“-Aktie kommen, hätte man ein illiquides, nicht-notiertes und/oder wertloses Wertpapier im Depot. Dies gilt es zu vermeiden.
Halten – Abwarten und Tee trinken
Alle unsere Anlagelösungen richten sich an Anleger mit einem langfristigen Anlagehorizont. Auch wir selbst als Gesellschaft und unsere Mitarbeiter sind in unseren Fonds investiert – natürlich ebenfalls auf lange Sicht. Kurzfristige Schwankungen an Kapitalmärkten beeinflussen unsere Anlageentscheidungen daher nicht nachhaltig.
Wir bringen die notwendige Geduld mit, bei langfristig vielversprechenden Unternehmen auch in Schwächephasen investiert zu sein. Hier kann eine „Halten-Strategie“ durchaus Sinn machen. Dies gilt insbesondere, wenn temporäre Kursverluste aus einer Branchenschwäche, gesamtwirtschaftlichen Schwäche oder „unverschuldet“ auf Unternehmensebene resultieren.
In Zyklen durchhalten
Bestimmte Branchen entwickeln sich zyklisch. Aktien solcher Unternehmen fallen und steigen oft mit einer gewissen Regelmäßigkeit. Zu dieser Gruppe gehören beispielsweise zyklische Konsumwerte. Diese weisen bei Konjunkturrückgängen oft Verluste auf, erholen sich jedoch in konjunkturellen Aufschwüngen ebenso schnell wieder. Auch Rohstoffwerte unterliegen Zyklen. Wann ein Unternehmen sich am Tiefpunkt des Zyklus befindet, ist nur im Nachhinein zu erkennen – ebenso wann ein Zyklus seinen Höhepunkt erreicht hat. Der Versuch, Kauf- und Verkaufsentscheidungen an den Zyklus anzupassen, gleicht daher oft eher einem Blick in die Glaskugel. Die Aktie zu halten ist in der Regel die sinnvollere Strategie.
Gestärkt aus Krisen hervorgehen
Doch auch wenn Unternehmen kurzfristige Schwächephasen durch Fehler oder Fehleinschätzungen selbst zu verantworten haben, kann die Aktie immer noch ein attraktives Kurspotenzial haben. Unternehmen können aus kritischen Zeiten, die oft auch mit einer temporär hohen Verschuldung einhergehen, strategisch gestärkt hervorgehen. Daher kann es sich nach einer umfassenden Analyse durchaus lohnen, Unternehmen etwas Zeit zum Handeln zu geben und abzuwarten, ob sich der Kurs der Aktie wie erhofft erholt. Wird die Positionsgröße einer „Verlierer“-Aktie jedoch so klein, dass selbst ein signifikanter Anstieg einer Aktie kaum Auswirkungen auf das Gesamtportfolio oder den Fonds hat, gilt es konsequent zu sein und entweder die Position zu veräußern oder aber Chancen durch Aufstockung zu suchen.
Bei Unternehmen, die bereits stark abgestraft wurden und gar um ihr Überleben kämpfen bestehen nämlich besonders hohe Kurschancen. In solchen Situationen gibt es nur zwei Möglichkeiten: entweder ein Totalverlust oder eine Vervielfachung des Nachkaufs. Auf solche Szenarien spezialisiert sich die Anlagestrategie des „Bottom-Fishing“, die versucht, sich diese asymmetrischen Auszahlungsprofile (Optionalität) zu Nutze zu machen. Doch mit den Chancen gehen enorme Risiken einher. Für uns bleiben solche Situationen daher die Ausnahme. Geht man von einem Überleben des Unternehmens aus, kann „Halten“ ein gesunder Mittelweg sein, um sich Chancen zu sichern.
Günstig nachkaufen und gute Gelegenheiten nutzen
Ergibt die Analyse, dass eine „Verlierer“-Aktie ein attraktives Rendite-Risikoprofil aufweist, so kann ein Kursverlust eine willkommene Möglichkeit sein, Aktien günstig nachzukaufen und die Position aufzustocken. Wenn man zusätzliche Anteile eines Unternehmens billiger nachkauft, reduziert sich der durchschnittliche Einstandskurs der Position im Portfolio (Cost-Average-Effect), was größere Chancen auf eine höhere Rendite eröffnet.
Da für diese größere Chance nun aber mehr Kapital eingesetzt wird, besteht auch ein größeres Risiko: Schießt man bei immer fallenden Kursen immer mehr Geld nach, können sich so im Portfolio „schwarze Löcher“ auftun. Durch die Begrenzung des Anlagebetrags auf 3 % des Portfoliowertes stellen wir bei der RIV sicher, dass wir eine solche Gefahr vermeiden.
Wann also ergeben sich gute Gelegenheiten, günstig nachzukaufen? Zum einen bieten sich durch antizyklisches Investieren (Contrarian) immer wieder Anlagechancen, beispielsweise wenn offensichtliche Übertreibungen an den Kapitalmärkten auftreten oder temporäre Ereignisse den Markt belasten. „Kaufen wenn die Kanonen donnern…“ lautet der zur Börsenweisheit gewordene Spruch von Carl Mayer von Rothschild, der dieses Handeln gut widerspiegelt. Sich „gegen den Markt“ zu stellen ist jedoch nicht ohne Risiko und sollte entsprechend wohlfundiert sein.
In gleicher, aber abgeschwächter Weise handelt man, wenn man die Geduld aufbringen kann, sich Schwankungen zu Nutze zu machen. Dies kann beispielsweise in extremen Bewertungssituationen auftreten, in denen langfristig eine „Rückkehr zum Mittelwert“ zu erwarten ist. Günstige „Verlierer“-Aktien werden sich in diesem Fall wieder erholen und sich ihrem langfristigen Bewertungsmittel oder dem der Branche annähern, womit sie eine lohnenswerte Anlage darstellen können. Auch das Ausnutzen von regelmäßigen, wenn auch zeitlich unvorhersehbaren, zyklischen Aktienschwankungen kann für langfristig orientierte Anleger profitabel sein. Gerade bei finanziell solide aufgestellten Unternehmen mit guter Wettbewerbsposition und vielversprechenden Zukunftsaussichten können solche temporären Rücksetzer gut genutzt werden. Entsprechende Unternehmen, die wir als unterbewertet und damit als gute Gelegenheit zum Nachkauf ansehen, identifizieren wir wiederum durch unsere Analysen.
Konkrete Beispiele aus unserem Unternehmensalltag
Unser Umgang mit „Verlierer“-Aktien
Aus unseren Anlageleitlinien ergibt sich nicht die eine „richtige“ Entscheidung, was zu tun ist, wenn der Kurs einer Aktie einbricht. Alle oben genannten Möglichkeiten haben in der Vergangenheit bei uns Anwendung gefunden – mal mit gutem Ausgang, mal mit weniger gutem Ausgang. Auch und gerade als professionelle Anleger müssen wir diesen Tatsachen ins Auge sehen. Letztendlich lässt sich Anlageerfolg allerdings nicht an einzelnen Beispielen, sondern an den langfristigen Anlageergebnissen messen.
Schmerzhafte Verluste und rechtzeitige Verkäufe
Ein für uns schmerzhaftes Beispiel, wie „Verlierer-Aktien“ nicht zu handhaben sind, war der verpasste Verkauf der Aktie des italienischen Nahrungsmittelkonzerns Parmalat, der 2003 aufgrund von Managementbetrug Insolvenz anmelden musste. Unser Engagement endete mit einem Totalverlust der Position und der Ausbuchung einer wertlosen Aktie aus den Kundendepots der Vermögensverwaltung. Dennoch lag das Gesamtergebnis für unsere Anleger im gleichen Jahr bei +18,3 %. Dieses Beispiel zeigt, wie äußerst wichtig eine breite Streuung nach Ländern, Branchen und Währungen ist, um das Verlustrisiko für das Gesamtportfolio zu minimieren.
Auch in unseren Fonds hatten wir wenig erfolgreiche Anlageerlebnisse, die wir jedoch versöhnlicher abschließen konnten. So haben wir die Aktie des Unternehmens Nanogate, einem Hersteller von designorientierten widerstandsfähigen Kunststoffteilen und -beschichtungen, im März 2020 inmitten der Coronakrise noch rechtzeitig veräußert, bevor das Unternehmen im Juni 2020 aufgrund von Verwerfungen in der Automobilindustrie Insolvenz in Eigenverwaltung anmelden musste und für Aktionäre ein Totalverlust entstand. Unser Fonds RIV Aktieninvest Global, in dem sich die Aktie befand, konnte dieses Jahr mit einem Plus von +6,2 % beenden.
Im März 2023 trafen wir mit dem Verkauf der Aktie des Automobilzulieferers Leoni eine schwierige Entscheidung. Leoni war wegen zu schnellem und schuldenfinanziertem Kapazitätsausbaus und darauffolgendem Nachfrageeinbruch in ernsthafte Probleme geraten. Der als Befreiungsschlag gedachte Verkauf der Kabel-Sparte von Leoni an ein thailändisches Unternehmen scheiterte. Es zeichnete sich eine bedrohliche Finanzlage für das Unternehmen ab. Für uns war dies der ausschlaggebende Verkaufsgrund. Trotz eines realisierten, deutlichen Verlusts erfolgte unser Verkauf noch rechtzeitig, bevor der Aktienkurs um weitere ca. 90 % nachgab, da Leoni restrukturiert werden musste. Am Ende gingen Aktionäre sogar leer aus, sodass unsere Verkaufsentscheidung zum richtigen Zeitpunkt kam. Unser RIV Aktieninvest Global schloss das Jahr mit +10,3 %.
Glücklicherweise kommen solche unerfreulichen Fälle selten vor. Obige Beispiele zeigen, wie wichtig es gerade in solch schwierigen Situationen ist, mit „Verlierer“-Aktien, umgehen zu können und über ein funktionierendes Risikomanagement für die Performance des Gesamtportfolios zu verfügen.
Starke Schwankungen aushalten
In anderen Fällen haben wir uns aktiv entschieden, Positionen zu halten. So haben wir unsere Beteiligung am US-Infrastruktur-Bauunternehmen Fluor, die wir 2010 zu Einstiegkursen ab ca. 43 USD aufgebaut hatten, auch im Corona-Tief gehalten, als der Kurs zeitweise unter 6 USD fiel. Fluor war über Jahre hinweg zu aggressiv Festpreis-Baugeschäfte eingegangen, die ursprünglich lohnenswert aussahen, aber mit dem Anziehen der Inflation in den USA und steigenden Kosten zu einem großen Risiko und Verlustfaktor wurden. Abschreibungen in Milliardenhöhe folgten.
Neben diesen individuellen Problemen drückte die Corona-Krise das Unternehmen in den Überlebenskampf. Unter neuer Führung des vorangegangenen CEOs verlagerte Fluor den Schwerpunkt der Auftragsannahme in Richtung Projekte auf Erstattungsbasis und lieferte fortan wieder gute operative Ergebnisse ab. Das Unternehmen erholte sich langsam. Die Aktie vervielfachte sich und handelte im September 2024 wieder zu alten Kursständen von circa 45 USD. Bei dieser zwischenzeitlichen „Verlierer“-Aktie zahlte sich unsere Entscheidung, nicht zu verkaufen und die Aktie zu halten, aus.
Für unsere Kunden günstig nachkaufen
Viel häufiger und regelmäßiger nutzen wir bei der RIV günstige Möglichkeiten zum Nachkauf von Aktien. Ein gutes Beispiel hierfür ist der zyklische Rohstoffwert Hecla Mining, der größte Silber-Förderer in den USA. Nachdem wir 2013 eine Position zum Preis von 3,28 USD pro Aktie aufgebaut hatten, halbierte sich der Kurs annährend innerhalb von zwei Jahren. In 2015 stockten wir die Position zu einem Kurs von 1,89 USD pro Aktie auf. Heute im September 2024 liegt der Kurs bei über 6,50 USD pro Aktie.
Auch die Position des Halbleiterherstellers Cirrus Logic zeigt, wie wir eine vielversprechende Aktie zu günstigen Kursen aufstocken konnten. 2017 begannen wir unser Engagement bei einem Kurs von ca. 54 USD pro Aktie. 2018 stockten wir die Position mehrfach auf, zu Kursen von ca. 42 USD pro Aktie und ca. 34 USD pro Aktie und verbilligten so unseren durchschnittlichen Einstiegspreis. Anfang September 2024 liegt der Kurs der Aktie bei über 145 USD.
All diese Entscheidungen zeigen, wie wichtig Erfahrung im Umgang mit potenziellen „Verlierer“-Aktien ist. Je häufiger man solchen Situationen ausgesetzt ist, desto abgeklärter geht man damit um und desto besser kann man einordnen, welche Aspekte in der Analyse von ausschlaggebender Bedeutung sind. Heftige Schwankungen können durchaus „normal“ sein und „Verlierer“-Aktien können sich langfristig zu „Gewinner“-Aktien wandeln.
Fazit
Der Umgang mit Verlustpositionen ist komplex. Daher werden Anlageentscheidungen bei „Verlierer“-Aktien bei uns genau wie jede andere Anlageentscheidung nach reiflicher Überlegung getroffen. Die sorgfältige Analyse des Unternehmens, der Branche sowie des gesamtwirtschaftlichen Umfelds, die Grundlage der Kaufentscheidung waren, werden regelmäßig überprüft und aktualisiert. Gerade im Verlustfall beleuchten wir neu, ob die Argumente, die zum Kauf der Aktie geführt haben, noch Gültigkeit haben, ob es Besonderheiten in der aktuellen Marktlage gibt, auf die der Verlust zurückzuführen ist und analysieren die Zukunftsaussichten des Unternehmens. Auf dieser Basis treffen wir eine informierte und fundierte Entscheidung, losgelöst von Emotionen wie der Angst vor einem eventuellen Verlust.
Das kontinuierliche Monitoring von Portfolios und darin enthaltenen Unternehmen samt Branchen erfordert Expertise, Zeit und Erfahrung. Wer sich mit diesem Prozess nicht im Detail auseinandersetzen möchte oder auch einfach nicht die notwendige Zeit hat, um sein Portfolio kontinuierlich zu beobachten und seine Anlageentscheidungen immer wieder zu überprüfen, sollte auf einen professionellen Vermögensverwalter zurückgreifen.
Wir unterstützen Sie gerne bei Ihren Kapitalanlagen. Unsere Fonds legen international breit gestreut in sorgfältig ausgewählte Qualitätsaktien an. Gerne besprechen wir mit Ihnen gemeinsam Ihre individuelle Situation und bieten Ihnen Lösungen an, die zu Ihren Anforderungen passen.
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Historische Wertentwicklungen lassen keine Rückschlüsse auf ähnliche Entwicklungen in der Zukunft zu. Die Fonds können auch innerhalb kurzer Zeiträume erheblichen Schwankungen nach oben oder nach unten unterworfen sein. Bitte lesen Sie den Verkaufsprospekt und das Basisinformationsblatt, bevor Sie eine Anlageentscheidung treffen. Diese sowie das Verkaufsprospekt samt den wesentlichen Anlegerinformationen unserer Fonds finden Sie auf der jeweiligen Fondsseite des RIV Rationalinvest VVF, des RIV Aktieninvest Global und des RIV Zusatzversorgung kostenfrei und in deutscher Sprache. Eine Zusammenfassung der Anlegerrechte finden Sie hier.