Kursschwankungen sind ein charakteristisches Merkmal der Anlageklasse Aktien. So ist das Auf und Ab der Kurve des Deutschen Aktienindex DAX, einer Zusammensetzung der 40 größten deutschen börsennotierten Unternehmen, auf der Tafel über dem Frankfurter Börsenparkett ein bekanntes Bild aus den Nachrichten, egal ob Fernsehen oder Tageszeitung. Aktienkursschwankungen sind omnipräsent.
Schlagen Aktienkurse allerdings allzu sehr nach unten aus, löst dies in der Presse oft apokalyptische Schlagzeilen und bei Anlegern Verunsicherung, Angst und Sorge aus. Doch wann sind Kursschwankungen überhaupt ungewöhnlich? Welche Schwankungen gelten als „noch normal“? Wie häufig kommen Schwankungen in welcher Größenordnung vor? Und was heißt das für Anleger?
Wie wird ein Aktienkurs gebildet?
Am Aktienmarkt kommen Verkäufer von Aktien und Käufer von Aktien zusammen. Es gibt unterschiedliche Markttypen und -strukturen und auch Verkäufer und Käufer tragen ihre Aufträge auf verschiedene Arten und mit unterschiedlicher Geltungsdauer an den Markt heran: analog oder elektronisch, als Marktorder oder Limitorder, über einen Algorithmus, uvm. Doch ist die Grundintention immer die gleiche: Verkäufer bieten Aktien zum Geldkurs (Ask) an (Angebot), Käufer fragen Aktien zum Briefkurs (Bid) nach (Nachfrage).
Die üblicherweise in Prozent ausgedrückte Differenz zwischen dem besten Kauf- und Verkaufsangebot wird als Geld-Brief-Spanne (Bid-Ask-Spread) bezeichnet. Sie beschreibt, wie weit die Kauf- und Verkaufsangebote voneinander entfernt sind. Treffen diese Angebote bei einem bestimmten Preis aufeinander, wird eine Transaktion der jeweils angebotenen bzw. nachgefragten Stückzahl vollzogen. Durch diesen Mechanismus wird der Preis einer Aktie gebildet. An den Börsen geschieht dies häufig, bis hin zum Millisekundentakt. Zu jeder vollzogenen Transaktion werden Preis und Stückzahl (Tickdaten) festgehalten.
Angebot und Nachfrage sind nicht konstant, sondern verändern sich ständig durch die Aufnahme und Verarbeitung von Informationen. So gibt es beispielsweise relativ uninformierte und informierte Marktteilnehmer, Marktteilnehmer mit asymmetrischen Informationen, Insider usw. und auch die Bildung von Erwartungen kann unterschiedlich stattfinden, beispielsweise durch naive oder rationale Erwartungen usw. Damit ändert sich natürlich auch der Aktienkurs.
Informationen und Erwartungen werden von einer Vielzahl an internen (endogenen) und externen (exogenen) Faktoren beeinflusst. So haben unternehmensspezifische Faktoren wie die Veröffentlichung von Quartalszahlen oder anderen Unternehmensinformationen großen Einfluss. Aber auch Branchentrends oder -ereignisse beeinflussen den Aktienkurs. Darüber hinaus spielen übergeordnete nationale oder globale Begebenheiten, die den ganzen Kapitalmarkt betreffen, eine wichtige Rolle. Dazu gehören z.B. positive oder negative Wirtschaftsdaten, Änderungen der Leitzinsen oder etwa kriegerische Auseinandersetzungen. All dies ändert sich stetig und beeinflusst den Aktienkurs und das Ausmaß seiner Schwankungen.
Volatilität: das Maß der Schwankungen
Die Volatilität beschreibt die Schwankungsintensität eines Wertpapiers. Sie wird meist als annualisierte Standardabweichung von Renditen angegeben. Zwar ermöglicht die Kennzahl Volatilität keine Aussage über den Endwert eines Wertpapiers, dennoch bevorzugen Anleger unter sonst gleichen Umständen (ceteris paribus), wie z.B. der gleichen Rendite, Investments mit geringerer Volatilität.
Grundsätzlich schwanken alle Anlageklassen im Wert – von Aktien über Immobilien und Private Markets (Private Equity, Private Debt, etc.) zu Zertifikaten. Bei Aktien sind diese Wert- bzw. Preisschwankungen aufgrund der hohen Liquidität (hohe Anzahl und hohes Volumen an vollzogenen Transaktionen) deutlich sichtbar. Illiquidere Anlageklassen wie Immobilien haben sehr wenige Preisfeststellungen. Preise werden meist indirekt bestimmt, entweder über Bewertungsgutachten oder über Vergleichstransaktionen, bspw. durch Transaktionen ähnlicher Immobilien, die sich idealerweise in der Nachbarschaft befinden. Auch wenn der Immobilienwert theoretisch wie bei Aktien im Millisekundentakt schwankt, sind diese Preisschwankungen nicht sichtbar. Da Immobilien als Anlageklasse „von Natur aus“ illiquider sind, ist dies an sich nicht verwerflich.
Zunehmend in der Kritik steht aber die Praxis, Volatilität von Anlagen durch „Verpackungen“, die seltenere Preisfeststellungen garantieren, zu vermeiden oder gar verbergen zu wollen („Volatility Laundering“). Dieses durch regulatorische Vorgaben befeuerte Vorgehen ist wenig rühmlich, findet aber doch im Markt Anklang. Letztlich geht dies zu Lasten der Anleger, deren Anlageprodukte weniger liquide sind.
Dass Volatilität kein triviales Thema ist, zeigen die verschiedenen Arten, Volatilität zu betrachten. Dazu gehören z.B. die historische Volatilität und die implizite Volatilität.
Die historische Volatilität bezieht sich auf die tatsächlich beobachten Kursschwankungen einer Aktie in der Vergangenheit und wird in Prozent angegeben. Mathematisch erfolgt die Berechnung aus der Standardabweichung der täglichen Kursschwankungen über einen bestimmten Zeitraum (z.B. 30 Tage oder ein Jahr), die dann annualisiert werden. Volatilität = σ√T und T für den Zeitraum in Tagen.
Je höher die Volatilität einer Aktie ist, desto stärker schwankt deren Kurs – und zwar sowohl nach unten als auch nach oben. Volatilität ist daher nicht mit Risiko gleichzusetzen, denn eine volatile Aktie kann auch Chancen bieten. Welche Risiken bei einer Aktienanlage tatsächlich bestehen und wie damit umgegangen werden kann, beschreiben wir hier: https://riv.de/risiko-bei-aktien-neu-denken/
Sollen die ermittelten historischen Schwankungen dazu genutzt werden, Aussagen über zukünftige Entwicklungen zu treffen, tun sich jedoch schnell Schwierigkeiten auf. Eine Betrachtung von historischen Daten hat in der Regel – so auch in diesem Fall – nur eine sehr eingeschränkte (Anhänger effizienter Märkte würden gar argumentieren: keine) Aussagekraft für die Zukunft. Das Heranziehen von ausschließlich historischen Werten wie der historischen Volatilität für Analysen gleicht einer Autofahrt, bei welcher der Fahrer nur in den Rückspiegel schaut.
Implizite Volatilität
Nach vorne schaut die implizite Volatilität. Diese spiegelt im Gegensatz zur historischen Volatilität die erwartete Schwankungsbreite einer Aktie wider. Die Berechnung der impliziten Volatilität erfolgt indirekt aus beobachteten Marktpreisen gehandelter Optionen in einem iterativen Verfahren. Jedoch unterliegt diesen Berechnungen immer ein finanzmathematisches Modell (Black-Scholes-Modell, Cox-Ross-Rubinstein-Modell, Montecarlo-Simulationen und andere einschließlich Anpassungen) mit entsprechenden Annahmen (normalverteilte oder nicht-normalverteilte Aktienrenditen, etc.). Die so ermittelte implizite Volatilität variiert jedoch je nach Ausübungskurs einer Option (Basispreis) und deren Laufzeit. So weisen Optionen mit einem niedrigeren Basispreis tendenziell höhere Volatilitäten auf. Dieses Phänomen wird auch „Volatility Skew“ genannt. Die eine implizite Volatilität gibt es also nicht.
Um einen umfassenderen Blick auf die Volatilität des Gesamtmarktes zu bekommen, empfiehlt sich die Betrachtung eines Volatilitätsindex.
Der Volatilitätsindex VIX
Ein bekannter Volatilitätsindex ist der 1993 erstmals berechnete Volatilitätsindex VIX der Chicago Board Options Exchange (CBOE). Er wird oftmals auch als „Angstbarometer“ bezeichnet und bezog sich zu Beginn noch auf den S&P 100. Seit 2003 misst der VIX die erwartete (implizite) Volatilität des amerikanischen Hauptindex S&P 500 für die nächsten 30 Tage in einem Konfidenzintervall von 68 % oder auch einer Standardabweichung einer Normalverteilung. Die Berechnung des VIX erfolgt durch die Analyse der Preise von Indexoptionen auf den S&P 500, die in naher Zukunft fällig werden.
Obwohl der VIX nicht als Prozentsatz ausgedrückt wird, kann er grundsätzlich als solcher verstanden werden. Zum Beispiel entspricht ein VIX von 28 mit einer 68%igen Wahrscheinlichkeit einer erwarteten annualisierten Volatilität von weniger als 28 % im S&P 500. Dies gilt für beide Richtungen, sowohl nach unten als auch nach oben. Dennoch neigt der VIX dazu, eine inverse Beziehung zum S&P 500 zu haben. So ist der VIX historisch gesehen gestiegen, wenn der S&P 500 gefallen ist. Oder anders ausgedrückt: Bei einer Kurskorrektur erhöht sich die Angst der Anleger vor weiter fallenden Kursen.
Der VIX in der Praxis
Ein gutes konkretes Beispiel hierfür sind die Börsenentwicklungen Anfang August 2024. Hier fiel der Nikkei Index, der führende Aktienindex Japans, innerhalb weniger Tage um über 25 % und an einem Tag gar um 12,4 %. Dabei handelte es sich um den größten Einbruch des Index seit 1987. Auch Kurse an anderen Börsen gingen auf Talfahrt. So verlor der US-Index S&P 500 Anfang August fast 10 % und allein an einem Tag knapp 3 %. Auch wenn der Kursverlust in den USA damit deutlich weniger dramatisch als in Japan war, handelte es sich um den größten Tagesverlust des S&P 500 seit 2022. Der VIX (über)reagierte und wies den dritthöchsten Stand seiner Geschichte aus, nach Weltfinanzkrise 2008 und Coronakrise 2020.
Der VIX gibt ein gutes Gesamtbild über die Schwankungen am Markt ab, hat gleichzeitig aber keine statistisch signifikante Aussagekraft über zukünftige Marktbewegungen. Das obige Beispiel bestätigt dies: Nach den Kurseinbrüchen Anfang August erholte sich der Aktienmarkt nach wenigen Tagen wieder. Wer den VIX für Market-Timing herangezogen hatte, musste dafür teuer bezahlen. Aber kann Volatilität anderweitig als Signal zum Verkaufen oder Kaufen genutzt werden? Eine statistische Beobachtung weist – zumindest in der Theorie – darauf hin.
Volatilität bildet Cluster
Perioden mit hoher Volatilität folgen oft auf andere Perioden mit ebenso hoher Volatilität, ganz ungeachtet des Vorzeichens. Gleiches gilt für Perioden mit niedriger Volatilität. Dieses Phänomen wird Volatilitätsclustering genannt und wurde erstmals 1963 vom Mathematiker Benoît Mandelbrot beschrieben. Die empirische Kapitalmarktforschung widmete sich dem Thema verstärkt in den 1990ern. In der Ökonometrie wurden sogenannte ARCH- (AutoRegressive Conditional Heteroskedasticity) oder GARCH- (Generalized Autoregressive Conditional Heteroskedasticity) Modelle sowie Abwandlungen davon entwickelt, um Volatilitätsclustering nachzubilden.
Das Phänomen lässt sich besonders gut graphisch darstellen, wie Abbildung 4 anhand des S& P 500 zeigt.
Wie zu sehen, folgen hohe Kursschwankungen nach oben sehr oft auf hohe Kursschwankungen nach unten. Diese Tatsache könnte als Argument für Market-Timing herangezogen werden.
Abbildung 5 zeigt, welche Renditen verschiedene Vorgehensweisen in der Vergangenheit erzielt hätten: Das Ergebnis von „Buy and Hold“ (kontinuierlich am Markt investiert bleiben) steht Ergebnissen gegenüber, die Anleger realisiert hätten, wenn sie die besten 50 Tage, die schlechtesten 50 Tage oder auch die besten und schlechtesten 50 Tage verpasst hätten.
Dies zeigt zuallererst, dass es grundsätzlich wichtig ist, am Markt investiert zu sein. Verpasst man nur die besten Tage, ist ein Großteil der Rendite weg. Attraktiv erscheint vielen Anlegern sicherlich die Rendite, bei der nur die schlechtesten Tage fehlen. Doch ein Blick auf die Volatilitätscluster zeigt, dass es äußerst unwahrscheinlich ist, nur gute oder nur schlechte Börsentage selektieren zu können. Viel wahrscheinlicher ist es, bei solchen Market-Timing-Strategien sowohl die besten als auch die schlechtesten Tage zu verpassen. Die Renditen dieser Strategie erscheinen durchaus attraktiv und performen leicht besser als Buy and Hold.
Diese Strategie geht von der Annahme eines perfekten „Signals“ aus. Zudem sind Transaktionskosten nicht berücksichtigt. Berücksichtigt man eine Fehlerquote bei den Signalen, so wird deutlich, dass schon wenige falsche Signale reichen, um die vermeintlich gute Anlagestrategie zunichte zu machen. Praktische Erfahrungen zeigen, dass es sehr unwahrscheinlich ist, sowohl den korrekten Ausstiegszeitpunkt als auch den korrekten Wiedereinstiegszeitpunkt zu finden. Noch unwahrscheinlicher ist es, dass dies wiederholt gelingt. Addiert man noch Transaktionskosten für jede Transaktion hinzu, würden die Ergebnisse sogar noch deutlicher unter den Resultaten der Buy and Hold Strategie liegen. Dazu kommt: Zwischen Signal und Ausführungszeitpunkt verstreicht Zeit. Darüber hinaus müssen die Aktien zum Signalzeitpunkt überhaupt erst handelbar sein. Denn Schwankungen von Aktien beschränken sich nicht unbedingt auf die Öffnungszeiten der Börse.
Wann schwanken Aktien?
Aktienkurse werden zu jeder Uhrzeit durch weltweite Ereignisse beeinflusst und reagieren fortlaufend – auch außerhalb der Öffnungszeiten der Börse, wenn keine Preisfeststellung stattfindet.
Eröffnet eine Börse regulär, kommt der Markt – häufig über Börseneröffnungsauktionen – schnell zum gewünschten Kurs. Die Kurse bewegen sich bei Börseneröffnung und -schluss sprunghaft (diskret) und nicht ununterbrochen (stetig) wie meist während der Börsenhandelszeiten. Somit ist nicht sicher, dass Anleger zum gewünschten Zeitpunkt überhaupt reagieren können.
Sich Volatilitätskennzahlen für Anlageentscheidungen zunutze zu machen, scheint daher nicht unbedingt erfolgversprechend. Wie also kann ein Blick auf die Volatilität Anlegern helfen, besser am Markt zu agieren? Anlegen ist vielschichtig und beinhaltet auch immer verhaltensgesteuerte Elemente. Verhalten wiederum wird oft von Emotionen beeinflusst, die treibende Kräfte hinter vielen Entscheidungen sind und dazu führen können, übereilt falsch zu handeln. Daher ist es besonders wichtig, Situationen und auch die Schwankungen im Markt korrekt einordnen zu können. Dabei kann ein Blick auf die historische Volatilität helfen, auch wenn viel Wahres in Mark Twains Zitat “History Doesn’t Repeat Itself, but It Often Rhymes” liegt.
Wie viel Volatilität ist normal?
Abbildung 6 zeigt anhand der historischen Volatilität für den US-Markt, dass Kursrückgänge von mehr als 5 % an Aktienmärkten beileibe kein seltenes Ereignis sind. Zwischen 1928 und 2024 kamen Verluste von über 5 % beim S&P 500 im Schnitt 4,1-mal pro Jahr vor. Selbst zu größeren Verlusten von mehr als 10 % kam es im Durchschnitt immer noch 1,1-mal pro Jahr.
Wer am Aktienmarkt investieren will, sollte also mit solchen Kursrückgängen rechnen, denn es ist nicht die Frage, ob diese kommen, sondern wann und in welchem Ausmaß. Gerade langfristige Investoren werden Schwankungen, mitunter in heftigen Größenordnungen, mitmachen. Diese sind jedoch nicht notwendigerweise Grund zur Beunruhigung.
Auch wenn historische Wertentwicklungen keine Garantie für zukünftige Entwicklungen bieten, so lässt sich aus Abbildung 7 ableiten, dass Investoren auf der genutzten Datengrundlage in diesem Zeitraum folgende Rücksetzer erwarten konnten: Alle 0,3 Jahre bzw. 3,6 Monate fällt der US-Markt (berechnet anhand des S&P 500) um -5 %, alle 1,0 Jahre um -10 %, alle 4,2 Jahre um -20% und alle 11 Jahre gar um -30 %.
Rücksetzer sollten bei gut allokierten Portfolios daher prinzipiell kein Grund sein, die Anlage zu überdenken oder gar den Aktienmarkt kurzfristig gänzlich zu verlassen. Wie oben beschrieben ist dies meist kontraproduktiv und wird mit großer Wahrscheinlichkeit zu schlechteren Anlageergebnissen führen als dauerhaft investiert zu bleiben.
Volatilität und Anlageentscheidungen
Anlageentscheidungen werden im Laufe eines Lebens laufend getroffen. Immer wieder gibt es Geldzuflüsse und -abflüsse durch Einnahmen und Ausgaben, die mal mehr oder minder planbar sein können. Darum ist es für Anleger grundsätzlich sinnvoll, Liquiditätsreserven zu halten, die zum eigenen Bedarf und zur eigenen Risikotoleranz passen. Geht man von Buy and Hold als Anlagestil aus, werden Verkaufsentscheidungen eher exogen aus einer Notwendigkeit heraus getroffen. Dennoch betreffen Verkaufsentscheidungen meist nur einen beschränkten Teil des Gesamtportfolios. In den seltensten Fällen wird der gesamte Portfoliowert auf einmal benötigt. Dies sollte auch Anleger beruhigen, die aufgrund eines Bedarfs eventuell einmal zu einem schlechten Zeitpunkt verkaufen müssen. Kaufentscheidungen werden tendenziell häufiger und auch opportunistischer getroffen, nicht zuletzt aufgrund der Liquiditätsreserven. Kursrücksetzer sollten daher auch als Chance gesehen werden – und Anleger können sich fragen, ob gerade ein günstiger Zeitpunkt zum Einstieg ist: https://riv.de/gibt-es-die-beste-einstiegsstrategie-bei-kapitalanlagen/
Und wenn ich einen Brief von meinem Portfolioverwalter erhalte?
Sich von Kursschwankungen nicht verunsichern lassen und nicht emotional handeln – das gilt auch dann, wenn Anleger einen Brief ihres Portfolioverwalters erhalten, in dem sie über das Überschreiten der Verlustschwelle von 10 % informiert werden. Die Richtlinie MiFID II verpflichtet Portfolioverwalter, Anlagekunden zu informieren, sobald der Wert ihres Portfolios um diesen Prozentsatz gefallen ist (Verlustschwellenreporting). Dies muss spätestens am Ende des Geschäftstags erfolgen, an dem der Schwellenwert gerissen wird. Danach muss jeder weitere Wertverlust von 10 %-Punkten ebenfalls mitgeteilt werden.
Was grundsätzlich vernünftig klingt – schließlich sollte jeder Anleger regelmäßig über die Wertentwicklung seines Depots informiert werden – kann allerdings auch dazu führen, dass Anleger durch die Verlustmeldung verunsichert werden und daraufhin emotional handeln und die Anlage verkaufen, obwohl gute Chancen bestehen, dass diese sich schnell wieder erholt. Dies kommt jedoch ganz auf den Portfolioverwalter und die gewählte Anlagestrategie an. Wie oben beschrieben, kommen Kursrücksetzer in Höhe von 10 % bei Aktienanlagen regelmäßig vor und auch noch größere Rücksetzer sind keine Seltenheit. So haben die Kursschwankungen zu Beginn der Corona-Pandemie z.B. dazu geführt, dass Verlustschwellenmeldungen verschickt wurden, als die Börsen innerhalb von zwei Wochen um bis zu 30 % einbrachen. Anleger, die hier, durch die Verlustmeldungen verstärkt verunsichert, emotional reagiert und ihre Anlagen verkauft haben, verkauften zum schlechtesten Zeitpunkt und verpassten mit hoher Wahrscheinlichkeit die nachfolgende Erholung. Im Nachhinein gesehen bot sich hier eine günstige Gelegenheit zum Einstieg.
Fazit
Volatilität und Schwankungen sind unvermeidliche Bestandteile des Aktienmarktes und bieten sowohl Risiken als auch Chancen. Grundsätzlich gilt: Wer mit einem langfristigen Anlagehorizont investiert ist, kann den kurzfristigen Schwankungen am Aktienmarkt gelassen begegnen. Dies gilt auch dann, wenn diese Schwankungen einmal heftiger ausfallen. Denn am Ende zeigt die Historie, dass die Kursausschläge vor allem eines waren: temporär. Ein langer Anlagezeitraum reduziert daher das Risiko, an Börsen aufgrund marktbedingter Schwankungen Verluste realisieren zu müssen und bietet die Chance, das angelegte Vermögen langfristig vor Kaufkraftverlust zu schützen und sogar zu mehren.
Wer sich nicht selbst der Versuchung aussetzen will, bei starken Kursanstiegen oder -rückgängen emotional zu handeln, für den empfiehlt es sich, Experten heranzuziehen, der beim Thema Geldanlage professionell unterstützt.
Als professioneller Vermögensverwalter mit langjähriger Erfahrung sind wir gerne für Sie da und besprechen mit Ihnen gemeinsam Ihre individuelle Situation und bieten Ihnen Lösungen an, die zu Ihren Anforderungen passen.
Lesen Sie mehr über unsere Fonds, deren Chancen sowie Risiken auf den Fondsseiten.
Historische Wertentwicklungen lassen keine Rückschlüsse auf ähnliche Entwicklungen in der Zukunft zu. Die Fonds können auch innerhalb kurzer Zeiträume erheblichen Schwankungen nach oben oder nach unten unterworfen sein. Bitte lesen Sie den Verkaufsprospekt und das Basisinformationsblatt, bevor Sie eine Anlageentscheidung treffen. Diese sowie das Verkaufsprospekt samt den wesentlichen Anlegerinformationen unserer Fonds finden Sie auf der jeweiligen Fondsseite des RIV Rationalinvest VVF, des RIV Aktieninvest Global und des RIV Zusatzversorgung kostenfrei und in deutscher Sprache. Eine Zusammenfassung der Anlegerrechte finden Sie hier.
Kursschwankungen sind ein charakteristisches Merkmal der Anlageklasse Aktien. So ist das Auf und Ab der Kurve des Deutschen Aktienindex DAX, einer Zusammensetzung der 40 größten deutschen börsennotierten Unternehmen, auf der Tafel über dem Frankfurter Börsenparkett ein bekanntes Bild aus den Nachrichten, egal ob Fernsehen oder Tageszeitung. Aktienkursschwankungen sind omnipräsent.
Schlagen Aktienkurse allerdings allzu sehr nach unten aus, löst dies in der Presse oft apokalyptische Schlagzeilen und bei Anlegern Verunsicherung, Angst und Sorge aus. Doch wann sind Kursschwankungen überhaupt ungewöhnlich? Welche Schwankungen gelten als „noch normal“? Wie häufig kommen Schwankungen in welcher Größenordnung vor? Und was heißt das für Anleger?
Wie wird ein Aktienkurs gebildet?
Am Aktienmarkt kommen Verkäufer von Aktien und Käufer von Aktien zusammen. Es gibt unterschiedliche Markttypen und -strukturen und auch Verkäufer und Käufer tragen ihre Aufträge auf verschiedene Arten und mit unterschiedlicher Geltungsdauer an den Markt heran: analog oder elektronisch, als Marktorder oder Limitorder, über einen Algorithmus, uvm. Doch ist die Grundintention immer die gleiche: Verkäufer bieten Aktien zum Geldkurs (Ask) an (Angebot), Käufer fragen Aktien zum Briefkurs (Bid) nach (Nachfrage).
Die üblicherweise in Prozent ausgedrückte Differenz zwischen dem besten Kauf- und Verkaufsangebot wird als Geld-Brief-Spanne (Bid-Ask-Spread) bezeichnet. Sie beschreibt, wie weit die Kauf- und Verkaufsangebote voneinander entfernt sind. Treffen diese Angebote bei einem bestimmten Preis aufeinander, wird eine Transaktion der jeweils angebotenen bzw. nachgefragten Stückzahl vollzogen. Durch diesen Mechanismus wird der Preis einer Aktie gebildet. An den Börsen geschieht dies häufig, bis hin zum Millisekundentakt. Zu jeder vollzogenen Transaktion werden Preis und Stückzahl (Tickdaten) festgehalten.
Angebot und Nachfrage sind nicht konstant, sondern verändern sich ständig durch die Aufnahme und Verarbeitung von Informationen. So gibt es beispielsweise relativ uninformierte und informierte Marktteilnehmer, Marktteilnehmer mit asymmetrischen Informationen, Insider usw. und auch die Bildung von Erwartungen kann unterschiedlich stattfinden, beispielsweise durch naive oder rationale Erwartungen usw. Damit ändert sich natürlich auch der Aktienkurs.
Informationen und Erwartungen werden von einer Vielzahl an internen (endogenen) und externen (exogenen) Faktoren beeinflusst. So haben unternehmensspezifische Faktoren wie die Veröffentlichung von Quartalszahlen oder anderen Unternehmensinformationen großen Einfluss. Aber auch Branchentrends oder -ereignisse beeinflussen den Aktienkurs. Darüber hinaus spielen übergeordnete nationale oder globale Begebenheiten, die den ganzen Kapitalmarkt betreffen, eine wichtige Rolle. Dazu gehören z.B. positive oder negative Wirtschaftsdaten, Änderungen der Leitzinsen oder etwa kriegerische Auseinandersetzungen. All dies ändert sich stetig und beeinflusst den Aktienkurs und das Ausmaß seiner Schwankungen.
Volatilität: das Maß der Schwankungen
Die Volatilität beschreibt die Schwankungsintensität eines Wertpapiers. Sie wird meist als annualisierte Standardabweichung von Renditen angegeben. Zwar ermöglicht die Kennzahl Volatilität keine Aussage über den Endwert eines Wertpapiers, dennoch bevorzugen Anleger unter sonst gleichen Umständen (ceteris paribus), wie z.B. der gleichen Rendite, Investments mit geringerer Volatilität.
Abbildung 1: Beispielhafte Kursentwicklungen mit hoher und niedriger Volatilität
Grundsätzlich schwanken alle Anlageklassen im Wert – von Aktien über Immobilien und Private Markets (Private Equity, Private Debt, etc.) zu Zertifikaten. Bei Aktien sind diese Wert- bzw. Preisschwankungen aufgrund der hohen Liquidität (hohe Anzahl und hohes Volumen an vollzogenen Transaktionen) deutlich sichtbar. Illiquidere Anlageklassen wie Immobilien haben sehr wenige Preisfeststellungen. Preise werden meist indirekt bestimmt, entweder über Bewertungsgutachten oder über Vergleichstransaktionen, bspw. durch Transaktionen ähnlicher Immobilien, die sich idealerweise in der Nachbarschaft befinden. Auch wenn der Immobilienwert theoretisch wie bei Aktien im Millisekundentakt schwankt, sind diese Preisschwankungen nicht sichtbar. Da Immobilien als Anlageklasse „von Natur aus“ illiquider sind, ist dies an sich nicht verwerflich.
Zunehmend in der Kritik steht aber die Praxis, Volatilität von Anlagen durch „Verpackungen“, die seltenere Preisfeststellungen garantieren, zu vermeiden oder gar verbergen zu wollen („Volatility Laundering“). Dieses durch regulatorische Vorgaben befeuerte Vorgehen ist wenig rühmlich, findet aber doch im Markt Anklang. Letztlich geht dies zu Lasten der Anleger, deren Anlageprodukte weniger liquide sind.
Dass Volatilität kein triviales Thema ist, zeigen die verschiedenen Arten, Volatilität zu betrachten. Dazu gehören z.B. die historische Volatilität und die implizite Volatilität.
Historische Volatilität
Die historische Volatilität bezieht sich auf die tatsächlich beobachten Kursschwankungen einer Aktie in der Vergangenheit und wird in Prozent angegeben. Mathematisch erfolgt die Berechnung aus der Standardabweichung der täglichen Kursschwankungen über einen bestimmten Zeitraum (z.B. 30 Tage oder ein Jahr), die dann annualisiert werden:
Volatilität = σ√T und T für den Zeitraum in Tagen.
Abbildung 2: Formel zur Berechnung der historischen Volatilität
Je höher die Volatilität einer Aktie ist, desto stärker schwankt deren Kurs – und zwar sowohl nach unten als auch nach oben. Volatilität ist daher nicht mit Risiko gleichzusetzen, denn eine volatile Aktie kann auch Chancen bieten. Welche Risiken bei einer Aktienanlage tatsächlich bestehen und wie damit umgegangen werden kann, beschreiben wir hier: https://riv.de/risiko-bei-aktien-neu-denken/
Sollen die ermittelten historischen Schwankungen dazu genutzt werden, Aussagen über zukünftige Entwicklungen zu treffen, tun sich jedoch schnell Schwierigkeiten auf. Eine Betrachtung von historischen Daten hat in der Regel – so auch in diesem Fall – nur eine sehr eingeschränkte (Anhänger effizienter Märkte würden gar argumentieren: keine) Aussagekraft für die Zukunft. Das Heranziehen von ausschließlich historischen Werten wie der historischen Volatilität für Analysen gleicht einer Autofahrt, bei welcher der Fahrer nur in den Rückspiegel schaut.
Implizite Volatilität
Nach vorne schaut die implizite Volatilität. Diese spiegelt im Gegensatz zur historischen Volatilität die erwartete Schwankungsbreite einer Aktie wider. Die Berechnung der impliziten Volatilität erfolgt indirekt aus beobachteten Marktpreisen gehandelter Optionen in einem iterativen Verfahren. Jedoch unterliegt diesen Berechnungen immer ein finanzmathematisches Modell (Black-Scholes-Modell, Cox-Ross-Rubinstein-Modell, Montecarlo-Simulationen und andere einschließlich Anpassungen) mit entsprechenden Annahmen (normalverteilte oder nicht-normalverteilte Aktienrenditen, etc.). Die so ermittelte implizite Volatilität variiert jedoch je nach Ausübungskurs einer Option (Basispreis) und deren Laufzeit. So weisen Optionen mit einem niedrigeren Basispreis tendenziell höhere Volatilitäten auf. Dieses Phänomen wird auch „Volatility Skew“ genannt. Die eine implizite Volatilität gibt es also nicht.
Um einen umfassenderen Blick auf die Volatilität des Gesamtmarktes zu bekommen, empfiehlt sich die Betrachtung eines Volatilitätsindex.
Der Volatilitätsindex VIX
Ein bekannter Volatilitätsindex ist der 1993 erstmals berechnete Volatilitätsindex VIX der Chicago Board Options Exchange (CBOE). Er wird oftmals auch als „Angstbarometer“ bezeichnet und bezog sich zu Beginn noch auf den S&P 100. Seit 2003 misst der VIX die erwartete (implizite) Volatilität des amerikanischen Hauptindex S&P 500 für die nächsten 30 Tage in einem Konfidenzintervall von 68 % oder auch einer Standardabweichung einer Normalverteilung. Die Berechnung des VIX erfolgt durch die Analyse der Preise von Indexoptionen auf den S&P 500, die in naher Zukunft fällig werden.
Obwohl der VIX nicht als Prozentsatz ausgedrückt wird, kann er grundsätzlich als solcher verstanden werden. Zum Beispiel entspricht ein VIX von 28 mit einer 68%igen Wahrscheinlichkeit einer erwarteten annualisierten Volatilität von weniger als 28 % im S&P 500. Dies gilt für beide Richtungen, sowohl nach unten als auch nach oben. Dennoch neigt der VIX dazu, eine inverse Beziehung zum S&P 500 zu haben. So ist der VIX historisch gesehen gestiegen, wenn der S&P 500 gefallen ist. Oder anders ausgedrückt: Bei einer Kurskorrektur erhöht sich die Angst der Anleger vor weiter fallenden Kursen.
Der VIX in der Praxis
Ein gutes konkretes Beispiel hierfür sind die Börsenentwicklungen Anfang August 2024. Hier fiel der Nikkei Index, der führende Aktienindex Japans, innerhalb weniger Tage um über 25 % und an einem Tag gar um 12,4 %. Dabei handelte es sich um den größten Einbruch des Index seit 1987. Auch Kurse an anderen Börsen gingen auf Talfahrt. So verlor der US-Index S&P 500 Anfang August fast 10 % und allein an einem Tag knapp 3 %. Auch wenn der Kursverlust in den USA damit deutlich weniger dramatisch als in Japan war, handelte es sich um den größten Tagesverlust des S&P 500 seit 2022. Der VIX (über)reagierte und wies den dritthöchsten Stand seiner Geschichte aus, nach Weltfinanzkrise 2008 und Coronakrise 2020.
Abbildung 3: Tageshöchstkurse des Volatilitätsindex VIX auf den S&P 500 in Prozentpunkten, Quelle: finanzen.net
Der VIX gibt ein gutes Gesamtbild über die Schwankungen am Markt ab, hat gleichzeitig aber keine statistisch signifikante Aussagekraft über zukünftige Marktbewegungen. Das obige Beispiel bestätigt dies: Nach den Kurseinbrüchen Anfang August erholte sich der Aktienmarkt nach wenigen Tagen wieder. Wer den VIX für Market-Timing herangezogen hatte, musste dafür teuer bezahlen. Aber kann Volatilität anderweitig als Signal zum Verkaufen oder Kaufen genutzt werden? Eine statistische Beobachtung weist – zumindest in der Theorie – darauf hin.
Volatilität bildet Cluster
Perioden mit hoher Volatilität folgen oft auf andere Perioden mit ebenso hoher Volatilität, ganz ungeachtet des Vorzeichens. Gleiches gilt für Perioden mit niedriger Volatilität. Dieses Phänomen wird Volatilitätsclustering genannt und wurde erstmals 1963 vom Mathematiker Benoît Mandelbrot beschrieben. Die empirische Kapitalmarktforschung widmete sich dem Thema verstärkt in den 1990ern. In der Ökonometrie wurden sogenannte ARCH- (AutoRegressive Conditional Heteroskedasticity) oder GARCH- (Generalized Autoregressive Conditional Heteroskedasticity) Modelle sowie Abwandlungen davon entwickelt, um Volatilitätsclustering nachzubilden.
Das Phänomen lässt sich besonders gut graphisch darstellen, wie Abbildung 4 anhand des S& P 500 zeigt.
Abbildung 4: S&P 500 – 100 beste und 100 schlechteste Tage in den letzten 5 Jahren, Quelle: LSEG Workspace, eigene Berechnungen
Wie zu sehen, folgen hohe Kursschwankungen nach oben sehr oft auf hohe Kursschwankungen nach unten. Diese Tatsache könnte als Argument für Market-Timing herangezogen werden.
Abbilddung 5 zeigt, welche Renditen verschiedene Vorgehensweisen in der Vergangenheit erzielt hätten: Das Ergebnis von „Buy and Hold“ (kontinuierlich am Markt investiert bleiben) steht Ergebnissen gegenüber, die Anleger realisiert hätten, wenn sie die besten 50 Tage, die schlechtesten 50 Tage oder auch die besten und schlechtesten 50 Tage verpasst hätten.
Abbildung 5: Renditen verschiedener Vorgehensweisen, Quelle: LSEG Workspace, eigene Berechnungen
Dies zeigt zuallererst, dass es grundsätzlich wichtig ist, am Markt investiert zu sein. Verpasst man nur die besten Tage, ist ein Großteil der Rendite weg. Attraktiv erscheint vielen Anlegern sicherlich die Rendite, bei der nur die schlechtesten Tage fehlen. Doch ein Blick auf die Volatilitätscluster zeigt, dass es äußerst unwahrscheinlich ist, nur gute oder nur schlechte Börsentage selektieren zu können. Viel wahrscheinlicher ist es, bei solchen Market-Timing-Strategien sowohl die besten als auch die schlechtesten Tage zu verpassen. Die Renditen dieser Strategie erscheinen durchaus attraktiv und performen leicht besser als Buy and Hold.
Vorsicht Falle
Diese Strategie geht von der Annahme eines perfekten „Signals“ aus. Zudem sind Transaktionskosten nicht berücksichtigt. Berücksichtigt man eine Fehlerquote bei den Signalen, so wird deutlich, dass schon wenige falsche Signale reichen, um die vermeintlich gute Anlagestrategie zunichte zu machen. Praktische Erfahrungen zeigen, dass es sehr unwahrscheinlich ist, sowohl den korrekten Ausstiegszeitpunkt als auch den korrekten Wiedereinstiegszeitpunkt zu finden. Noch unwahrscheinlicher ist es, dass dies wiederholt gelingt. Addiert man noch Transaktionskosten für jede Transaktion hinzu, würden die Ergebnisse sogar noch deutlicher unter den Resultaten der Buy and Hold Strategie liegen. Dazu kommt: Zwischen Signal und Ausführungszeitpunkt verstreicht Zeit. Darüber hinaus müssen die Aktien zum Signalzeitpunkt überhaupt erst handelbar sein. Denn Schwankungen von Aktien beschränken sich nicht unbedingt auf die Öffnungszeiten der Börse.
Wann schwanken Aktien?
Aktienkurse werden zu jeder Uhrzeit durch weltweite Ereignisse beeinflusst und reagieren fortlaufend – auch außerhalb der Öffnungszeiten der Börse, wenn keine Preisfeststellung stattfindet.
Eröffnet eine Börse regulär, kommt der Markt – häufig über Börseneröffnungsauktionen – schnell zum gewünschten Kurs. Die Kurse bewegen sich bei Börseneröffnung und -schluss sprunghaft (diskret) und nicht ununterbrochen (stetig) wie meist während der Börsenhandelszeiten. Somit ist nicht sicher, dass Anleger zum gewünschten Zeitpunkt überhaupt reagieren können.
Sich Volatilitätskennzahlen für Anlageentscheidungen zunutze zu machen, scheint daher nicht unbedingt erfolgversprechend. Wie also kann ein Blick auf die Volatilität Anlegern helfen, besser am Markt zu agieren? Anlegen ist vielschichtig und beinhaltet auch immer verhaltensgesteuerte Elemente. Verhalten wiederum wird oft von Emotionen beeinflusst, die treibende Kräfte hinter vielen Entscheidungen sind und dazu führen können, übereilt falsch zu handeln. Daher ist es besonders wichtig, Situationen und auch die Schwankungen im Markt korrekt einordnen zu können. Dabei kann ein Blick auf die historische Volatilität helfen, auch wenn viel Wahres in Mark Twains Zitat “History Doesn’t Repeat Itself, but It Often Rhymes” liegt.
Wie viel Volatilität ist normal?
Abbildung 6 zeigt anhand der historischen Volatilität für den US-Markt, dass Kursrückgänge von mehr als 5 % an Aktienmärkten beileibe kein seltenes Ereignis sind. Zwischen 1928 und 2024 kamen Verluste von über 5 % beim S&P 500 im Schnitt 4,1-mal pro Jahr vor. Selbst zu größeren Verlusten von mehr als 10 % kam es im Durchschnitt immer noch 1,1-mal pro Jahr.
Abbildung 6: Signifikante Rücksetzer des S&P 500, durchschnittliche Anzahl pro Jahr, 1970 – 2024, Quelle: LSEG Workspace, eigene Berechnungen
Wer am Aktienmarkt investieren will, sollte also mit solchen Kursrückgängen rechnen, denn es ist nicht die Frage, ob diese kommen, sondern wann und in welchem Ausmaß. Gerade langfristige Investoren werden Schwankungen, mitunter in heftigen Größenordnungen, mitmachen. Diese sind jedoch nicht notwendigerweise Grund zur Beunruhigung.
Auch wenn historische Wertentwicklungen keine Garantie für zukünftige Entwicklungen bieten, so lässt sich aus Abbildung 7 ableiten, dass Investoren auf der genutzten Datengrundlage in diesem Zeitraum folgende Rücksetzer erwarten konnten: Alle 0,3 Jahre bzw. 3,6 Monate fällt der US-Markt (berechnet anhand des S&P 500) um -5 %, alle 1,0 Jahre um -10 %, alle 4,2 Jahre um -20% und alle 11,0 Jahre gar um -30 %.
Abbildung 7: Durchschnittliche Häufigkeit von signifikanten Kursrücksetzern, S&P 500, Quelle: LSEG Workspace, eigene Berechnungen
Rücksetzer sollten bei gut allokierten Portfolios daher prinzipiell kein Grund sein, die Anlage zu überdenken oder gar den Aktienmarkt kurzfristig gänzlich zu verlassen. Wie oben beschrieben ist dies meist kontraproduktiv und wird mit großer Wahrscheinlichkeit zu schlechteren Anlageergebnissen führen als dauerhaft investiert zu bleiben.
Volatilität und Anlageentscheidungen
Anlageentscheidungen werden im Laufe eines Lebens laufend getroffen. Immer wieder gibt es Geldzuflüsse und -abflüsse durch Einnahmen und Ausgaben, die mal mehr oder minder planbar sein können. Darum ist es für Anleger grundsätzlich sinnvoll, Liquiditätsreserven zu halten, die zum eigenen Bedarf und zur eigenen Risikotoleranz passen. Geht man von Buy and Hold als Anlagestil aus, werden Verkaufsentscheidungen eher exogen aus einer Notwendigkeit heraus getroffen. Dennoch betreffen Verkaufsentscheidungen meist nur einen beschränkten Teil des Gesamtportfolios. In den seltensten Fällen wird der gesamte Portfoliowert auf einmal benötigt. Dies sollte auch Anleger beruhigen, die aufgrund eines Bedarfs eventuell einmal zu einem schlechten Zeitpunkt verkaufen müssen. Kaufentscheidungen werden tendenziell häufiger und auch opportunistischer getroffen, nicht zuletzt aufgrund der Liquiditätsreserven. Kursrücksetzer sollten daher auch als Chance gesehen werden – und Anleger können sich fragen, ob gerade ein günstiger Zeitpunkt zum Einstieg ist: https://riv.de/gibt-es-die-beste-einstiegsstrategie-bei-kapitalanlagen/
Und wenn ich einen Brief von meinem Portfolioverwalter erhalte?
Sich von Kursschwankungen nicht verunsichern lassen und nicht emotional handeln – das gilt auch dann, wenn Anleger einen Brief ihres Portfolioverwalters erhalten, in dem sie über das Überschreiten der Verlustschwelle von 10 % informiert werden. Die Richtlinie MiFID II verpflichtet Portfolioverwalter, Anlagekunden zu informieren, sobald der Wert ihres Portfolios um diesen Prozentsatz gefallen ist (Verlustschwellenreporting). Dies muss spätestens am Ende des Geschäftstags erfolgen, an dem der Schwellenwert gerissen wird. Danach muss jeder weitere Wertverlust von 10 %-Punkten ebenfalls mitgeteilt werden.
Was grundsätzlich vernünftig klingt – schließlich sollte jeder Anleger regelmäßig über die Wertentwicklung seines Depots informiert werden – kann allerdings auch dazu führen, dass Anleger durch die Verlustmeldung verunsichert werden und daraufhin emotional handeln und die Anlage verkaufen, obwohl gute Chancen bestehen, dass diese sich schnell wieder erholt. Dies kommt jedoch ganz auf den Portfolioverwalter und die gewählte Anlagestrategie an. Wie oben beschrieben, kommen Kursrücksetzer in Höhe von 10 % bei Aktienanlagen regelmäßig vor und auch noch größere Rücksetzer sind keine Seltenheit. So haben die Kursschwankungen zu Beginn der Corona-Pandemie z.B. dazu geführt, dass Verlustschwellenmeldungen verschickt wurden, als die Börsen innerhalb von zwei Wochen um bis zu 30 % einbrachen. Anleger, die hier, durch die Verlustmeldungen verstärkt verunsichert, emotional reagiert und ihre Anlagen verkauft haben, verkauften zum schlechtesten Zeitpunkt und verpassten mit hoher Wahrscheinlichkeit die nachfolgende Erholung. Im Nachhinein gesehen bot sich hier eine günstige Gelegenheit zum Einstieg.
Fazit
Volatilität und Schwankungen sind unvermeidliche Bestandteile des Aktienmarktes und bieten sowohl Risiken als auch Chancen. Grundsätzlich gilt: Wer mit einem langfristigen Anlagehorizont investiert ist, kann den kurzfristigen Schwankungen am Aktienmarkt gelassen begegnen. Dies gilt auch dann, wenn diese Schwankungen einmal heftiger ausfallen. Denn am Ende zeigt die Historie, dass die Kursausschläge vor allem eines waren: temporär. Ein langer Anlagezeitraum reduziert daher das Risiko, an Börsen aufgrund marktbedingter Schwankungen Verluste realisieren zu müssen und bietet die Chance, das angelegte Vermögen langfristig vor Kaufkraftverlust zu schützen und sogar zu mehren.
Wer sich nicht selbst der Versuchung aussetzen will, bei starken Kursanstiegen oder -rückgängen emotional zu handeln, für den empfiehlt es sich, Experten heranzuziehen, der beim Thema Geldanlage professionell unterstützt.
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Historische Wertentwicklungen lassen keine Rückschlüsse auf ähnliche Entwicklungen in der Zukunft zu. Die Fonds können auch innerhalb kurzer Zeiträume erheblichen Schwankungen nach oben oder nach unten unterworfen sein. Bitte lesen Sie den Verkaufsprospekt und das Basisinformationsblatt, bevor Sie eine Anlageentscheidung treffen. Diese sowie das Verkaufsprospekt samt den wesentlichen Anlegerinformationen unserer Fonds finden Sie auf der jeweiligen Fondsseite des RIV Rationalinvest VVF, des RIV Aktieninvest Global und des RIV Zusatzversorgung kostenfrei und in deutscher Sprache. Eine Zusammenfassung der Anlegerrechte finden Sie hier.